Auktion 161B

Murano Glas

22. Februar 2022 um 17:30 MESZ


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Dieses Mal stammen eine ganze Anzahl von bedeutenden Glasarbeiten aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg.

Anders als in der Epoche danach, wo durch starke Farben sehr unterschiedliche Akzente gesetzt wurden, stand eine reduzierte, modernistische Formensprache im Vordergrund. Als Wegbereiter dieser neuen Ästhetik tritt hier vor allem der venezianische Architekt Carlo Scarpa in Erscheinung. Unter den Faschisten bekam er keine Aufträge als Architekt, so kam er Mitte der 1920er Jahre zunächst bei Cappellin, dann um 1930 bei Venini unter. 1926 entwarf er für Cappellin eine Vase in Kugelform auf konischem Stand, die mit einem eingesteckten Blütenzweig aus Glas für einige Zeit das Logo seines Arbeitgebers war. Solch eine, mit Ätzsignatur von Cappellin versehene, Vase in flaschengrünem 'Trasparento'-Dekor, kommt mit einer Taxe von € 1.200 - 1.800 unter den Hammer. Aus der gleichen norddeutschen Privatsammlung stammt eine zweiteilige Tischdekoration, ein Paar Blütenzweige auf rundem Sockel, die Scarpa, ebenfalls für Cappellin, 1929 gestaltete. Das höchst seltene Objekt ist aufgrund von kleineren Beschädigungen nur auf € 600 - 700 geschätzt. Für Venini schuf Scarpa 1932/33 eine schlanke Vase in Zylinderform. Diese Form kennt man vornehmlich im 'Bollicine'-Dekor. Auf der Auktion wird sie in transparentem Grasgrün für € 3.500 - 4.500 angeboten. Scarpa entwickelte unter anderem Objekte mit der eisglasartig geätzten Oberfläche im so genannten 'Corroso'-Dekor für Venini. Aus dieser Serie wird die zylindrische Vase mit Nuppen in Grün aus dem Jahr 1936 für € 9.000 - 12.000 angeboten sowie eine blaue Schale, die den seltenen Ätzstempel ‚venini murano ars' trägt (€ 3.000 - 4.000).

1934 wurde auf der 19. Biennale von Venedig die Vase 'Mugnoni' nach Entwurf des in Murano geborenen Architekten Vittorio Donà vorgestellt. Auf der Auktion wird eine formgleiche Vase in diesem Dekor in der zeitgenössischen Ausführung der Manufaktur S.A.I.A.R. Ferro Toso für € 7.000 - 9.000 angeboten. Diese Manufaktur bestand nur bis Ende der 1930er Jahre und ging in der Firma Barovier & Toso auf, welche den 'Mugnoni'-Dekor Jahrzehnte später wieder aufgelegt hat. Die mit linsenartigen ovalen violetten Applikationen versehene großformatige Vase ist in der frühen Ausführung von S.A.I.A.R. kaum bekannt.

Ab Mitte der 1930er Jahre bis Anfang der 1960er Jahre schuf Flavio Poli, der als Keramiker ausgebildete, in Chioggia geborene Künstler, die Entwürfe für die Manufaktur Seguso Vetri d’Arte. Mit einem seiner ersten Entwürfe, der 1937 entworfenen großformatigen und über 10 Kilo schweren Vase 'A bullicante' vollbrachte er sogleich eine Tour de Force. Die dickwandige vierpassige Vase vereint farbloses Glas mit einer grauen Schichteinschmelzung, regelmäßig eingestochenen Luftblasen sowie einer Schicht von fein zersprengter Goldfolie. Für die taxierten € 5.000 - 6.000 kann man auf der Auktion ein großes Meisterwerk muraneser Glaskunst ersteigern.

Und eine weitere Vase bereichert das Angebot bedeutender früher venezianischer Arbeiten des 20. Jahrhunderts: Die großformatige Vase 'Laguna gemmata' schuf Ercole Barovier 1935/36 für seine Manufaktur Barovier & Toso. Barovier beschränkt sich auf die Grundformen Kugel und Zylinder - der große kugelförmige Korpus wird von einem schlanken Zylinderhals gekrönt. Frei übersetzt würde der Dekor ‚edelsteinbesetzte Lagune‘ heißen. Eine passende Beschreibung des Dekors, der tatsächlich an die im Sonnenlicht, wie Edelsteine funkelnde, Lagune erinnert. Erzeugt wird dieser Effekt durch eingeschmolzene blaue und graue Metalloxide.

Die Ästhetik der Nachkriegszeit wurde auf Murano von neuartigen Farbeffekten bestimmt, die ganz besonders zur weltweiten Beliebtheit des Murano-Glases in dieser doch oft sehr schwierigen Zeit beitrug. Es wurden bunte Streifendekore, Farbfelder und Rechteckmuster erfunden - manchmal in Verwandtschaft zur zeitgenössischen Kunst. Der Maler und Illustrator Fulvio Bianconi war ein äußerst facettenreicher Protagonist jener Zeit. Aus seiner 1951 entwickelten und bis heute von Venini produzierten Serie 'Pezzato' stammt eine große Vase in Flaschenform, die mit € 8.000 - 9.000 taxiert ist. Noch deutlich seltener sind seine Arbeiten im Dekor 'A fasce di colore', die er 1953 kreierte. In der Auktion ist eine 40 cm hohe Vase in der besonders seltenen Farbkombination mit alternierenden blauen und gelben waagerechten Bändern für € 9.000 - 12.000 im Angebot.

Auch der in der Malerei ausgebildete Entwerfer Dino Martens hat mit einem großen Farbspektrum mutige Entwürfe für die Manufaktur Aureliano Toso geliefert. Am berühmtesten sind seine 'Oriente'-Dekore, bei denen streifig verzogene Farbfelder in pulverigen Masseeinschmelzungen malerisch die skulpturale Vasenform schmücken. Eine hohe, schlanke, leicht asymmetrisch gekrümmte Vase in diesem Dekor ist für € 5.500 - 6.500 im Angebot. In spektakulärer Formgebung mit zwei asymmetrischen Lochöffnungen kann auch eine Vase im seltenen 'Frammentato'-Dekor - geschätzt auf € 2.500 - 3.500 - erworben werden. Hier hat Martens Fragmente, kleinteilige Reste aus der Glasproduktion, in farbloses Glas eingeschmolzen.

Flavio Poli hat mit seinem Anfang der 1950er Jahr entwickelten 'Sommerso'-Dekor ebenfalls einen großen Farbenreichtum in die venezianische Glaswelt gebracht. Allerdings versieht er elegante Gefäßformen mit zwei Schichten Farbglas - die untere Schicht ist immer die dominante Farbe und die Objekte wirken zunächst monochrom - erst bei genauerem Hinsehen erkennt man die zweite Farbschicht. Der Kunsthändler, Glasexperte und Buchautor Marc Heiremans hat nach Sichtung der Archive in seiner 2014 erschienen Monografie zu Seguso Vetri d’Arte genau beschrieben, welche Farbkombinationen in welchem Jahr verwendet wurden. Gefäße im 'Sommerso'-Dekor eignen sich besonders gut zur Präsentation in Gruppen - Farbe und Formensprache ergänzen und potenzieren sich dann regelrecht. Die Schätzpreise auf der Auktion liegen zwischen € 120 und € 1.400.


Seltene Entwürfe im Fokus der Sammler - Quittenbaum startet das Verkaufsjahr mit einer erfolgreichen Murano Glas Auktion

Im Anschluss zur Auktion ‚Italienisches Design‘ wurden am Dienstag 196 ausgewählte Glasobjekte Muraneser Manufakturen angeboten. Große und attraktive Formen waren unter den Sammlern besonders geschätzt. Die Schale ‚Incamiciato‘ von Napoleone Martinuzzi stammt aus den Anfangsjahren der Firma Zecchin-Martinuzzi. Das begehrte Objekt in zartem Rosé konnte nach einer beachtlichen Preissteigerung von 3.000€ auf 16.000 € zugeschlagen werden. Der Aufrufpreis der kugelförmigen Vase ‚Mugnoni‘ von S.A.I.A.R. Ferro Toso verdoppelte sich Dank eifriger Bieter auf 13.000 €. Die Ergebnisliste wird von Fulvio Bianconis ‚A fasce di colore‘ Vase angeführt. Das Modell mit kontrastreicher Bandaufschmelzung in Gelb und Blau geht für 19.000 € in eine Privatsammlung.

Unverkauft gebliebene Objekte können Sie im Rahmen unseres Nachverkaufs noch bis zum 25. März 2022 erwerben.